Nach der vielumjubelten großartigen Inszenierung von „Queen Lear“ vor zwei Jahren, bringtTheater Kendace in der Regie von Alexander Mitterer das neue Stück der Grazer Autorin Christine Teichmann zur Uraufführung.
Premiere am Montag, 10. Oktober
KINDERWUNSCH
von Christine Teichmann
Inhalt:
Evita und Anselm haben sich Zeit gelassen. Bis man einander gefunden hat, die Beziehung und der Beruf stabil laufen. Auf einmal winkt schon der 40er und die biologische Uhr tickt. Spirale raus und darauf ankommen lassen? Wollen sie das wirklich? Oder hängt das künftige Lebensglück sogar davon ab, dass es klappt? Und wenn nicht?
Warum wollen wir Kinder? Wie ehrlich sind unsere Gründe dafür? Ist das alles Biologie? Wie ist das, wenn sich jemand dagegen entscheidet? Und in welche Welt setzen wir unsere Nachkommen? Angesichts von Klimakatastrophe, globaler Fluchtbewegung, der Zerstörung von Demokratie und Menschenrechten, sowie anhaltendem Ressourcenverbrauch scheint es verantwortungslos, noch mehr Unheil anzurichten. Oder sind die Keime der nächsten Generation die Heilsbringer für die Zukunft?
Das Bühnenstück „Kinderwunsch“ von Christine Teichmann basiert auf Interviews mit Menschen, die rund ums Kinderkriegen mit schwierigen Entscheidungen konfrontiert waren und dem Fragebogen für Adoptivwerber*innen. Fragen gibt es genug, aber Antworten? Schwierig. Aber berührende, komische, dramatische und existentielle Momente, an denen wir auf der Suche danach teilhaben können.
Handlung
Evita und Anselm stehen vor der Entscheidung, ob sie ein Kind/Kinder bekommen wollen. Sie sind beide gut über 30 und wissen, dass es bald zu spät ist, also jetzt oder nie. Aber was bedeutet das für sie? Endlich stimmt alles im Beruf und in der Beziehung, setzen sie da nicht mehr aufs Spiel, als zu gewinnen wäre? Aber wenn sie in 20, 30 Jahren zurück schauen und ihr Leben hat nur aus Job und ein paar Urlauben bestanden, ist das wieder nicht ein bisschen armselig?
Zoe und Peter, ein befreundetes Paar, haben es hingegen geschafft, nach jahrelangen vergeblichen Versuchen ist Zoe endlich schwanger. Aber gerade hier zeigt sich, wie groß der Umbruch – gerade für die Frau – auch in unserer angeblich gleichberechtigten Gesellschaft ist. Mit großer Selbstverständlichkeit will Peter sein Leben führen wie gewohnt, während Zoe beruflich und privat zurück stecken soll. Das führt zu Diskussionen zwischen Evita und Anselm, wie sich ein Kind auf ihr Leben auswirken würde. Während Anselm sich von der Begeisterung anstecken lässt und aus dem Bauch entscheidet, dass er Kinder will, setzt das Evita noch mehr unter Druck. Sie bekommt das Gefühl, dass sie die einzige ist, die sich mit den Konsequenzen auseinander setzt. Was richtet die Babypause mit ihrem Berufsleben an, ist die Wohnung groß genug, was bedeutet es finanziell, wenn sie einerseits einen Kredit aufnehmen und andererseits weniger Einkommen haben, weil eine oder beide nur mehr Teilzeit arbeiten? Und ist die Realität mit schreiendem Baby und auf Jahre gestörtem Nachtschlaf und Beziehungsleben nicht weit weniger romantisch und erfüllend, als Anselm sich das vorstellt?
Evita kann nicht mehr schlafen, jede Nacht kämpft sie mit den Sorgen und dem Druck, eine Entscheidung treffen zu müssen, während Anselm scheinbar unbesorgt ruht. Aber auch er hat Stress. Wenn Evita keine Kinder will, sollte er dann nicht die Beziehung beenden und sich um eine potentielle Mutter für seine Kinder umschauen?
Eine Auseinandersetzung beginnt, die beide zu den wirklichen Wünschen und Ängsten rund ums Eltern-Sein führt. Da ist Evitas eigene Kindheit, die von einem gewaltbereiten Vater geprägt war und ihre Angst, selbst zuzuschlagen, wenn sie nicht mehr weiter weiß. Ihre Mutter, deren Leben sich in ein Gefängnis von Kinder-Küche-Kirche gewandelt hat, und die fehlenden Role Models für Frauen.
In seinem Berufsleben ist Anselm ständig mit dem Kinderwunsch anderer konfrontiert. Im Jugendamt bearbeitet er die Akten von adoptionswilligen Paaren und muss mit entscheiden, wer geeignet ist, die wenigen begehrten Kinder zur Adoption zu bekommen.
In der Nacht, wenn sie nicht schlafen kann, liest Evita in den Fragebögen, die in Anselms Home-Office am Schreibtisch liegen und taucht in die verschiedenen Welten und Geschichten der Menschen ein, die unbedingt ein Kind wollen. In Gesprächen mit ihrem fiktiven Kind sucht sie nach der eigenen Zukunft.
Da platzt die Nachricht von Zoe herein: sie hat ihr heiß ersehntes Kind verloren! So leid sie Evita auch tut, so wirft Zoes Verzweiflung bei ihr umso mehr die Frage auf, ob das Leben nicht mehr bietet, wenn frau sich nicht ausschließlich über das Mutter-Sein definiert. Gespräche mit der eigenen Mutter bestärken das Bild. Fast nebenbei erfährt Evita, dass ihre Mutter beinahe die Familie verlassen hätte und sich gegen ein weiteres Kind entschieden hat. Die Abtreibung hat letztendlich den Weiterbestand der Familie gesichert.
Anstatt Zoe beizustehen, verlässt Peter seine Lebensgefährtin, er hat eine Neue gefunden: Gunhild, eine frühere Freundin von Anselm. Das führt zu Anselms Geheimnis in seiner Vergangenheit. Als Student wäre er ungeplant Vater geworden, wenn seine damalige Freundin Gunhild nicht abgetrieben hätte. Allerdings hat sie die Entscheidung ohne ihn gefällt und daran ist die Beziehung zu Grunde gegangen. Bei Anselm ist der Auftrag übrig geblieben, der Welt ein Kind schuldig zu sein. Auch er kämpft mit fehlenden Role Models. Die Ehe seiner Eltern ist zwar harmonisch, aber in der sehr klassischen Aufteilung „Mutter kümmert sich um Haushalt und Familie und Vater schafft Geld heran“. So will Anselm selbst das aber nicht leben. Aber ist das eine Illusion, dass es auch anders geht, ohne dass sich alle an den vielfältigen Aufgaben aufreiben?
Alles beeinflusst die Entwicklung, die das Paar, Evita und Anselm, durchmacht. Am Ende werden sie einen Entschluss fällen, aber vorher müssen sie ehrlich zu sich selbst und zu einander sein. Das Bühnenstück endet dort, wo ihr weiterer Lebensweg beginnt: wie werden sie sich entscheiden?